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Mauert die Stadt Bad Driburg oder isoliert sich Graf Bauzaun?

Anmerkungen der ÖDP zur gegenwärtigen Diskussion um den Gräflichen Park

Die öffentliche Debatte um die Entlohnung der Nutzung des Gräflichen Parks ist vielstimmig. Dabei gibt es auch viele sachliche Ungenauigkeiten, Emotionen und sogar grobe Fehler, auf die der Verfasser nicht im Einzelnen eingehen möchte. Im Prinzip kann man zwischen vier Gruppen unterscheiden, für die der Gräfliche Park von Bedeutung ist: die Stadt als Stellvertreterin der Interessen aller Bürger, der Eigentümer des Gräflichen Parks und der UGOS, die Gewerbetreibenden in Bad Driburg und die Touristen.

Die Abfolge der bisherigen Ereignisse in dem aktuellen Konflikt ist treffend in der Stellungnahme der Fraktionen wiedergegeben, wie sie u.a. am 2. Januar in den heimischen Tagesblättern zu lesen war.

Kommen wir zu den unterschiedlichen Interessen:

I. Die Stadt Bad Driburg

2018 akzeptierte die Mehrheit des Stadtrats weitgehend die Forderung des Herrn von Oeynhausen-Sierstorpff nach Erhöhung der Dienstleistungspauschale um mehr als das Doppelte des bis dahin vereinbarten Betrags unter dem Vorbehalt einer Preisprüfung durch der Bezirksregierung. Selbst der von der Bezirksregierung vorgeschlagene Kompromiss einer jährlichen Vergütung von 1,55 Millionen Euro übersteigt in der Summe deutlich die Kosten, die Herr von Oeynhausen-Sierstorpff selbst! für die Erhaltung und Pflege des Parks und der Kureinrichtungen in diesem Verfahren veranschlagt hat. Der Graf jedoch hat diesen Kompromiss nicht akzeptiert und verlangt mehr.

Die Stadt konnte in den letzten Jahren den Haushalt ausgleichen, da sie auf die Ausgleichsrücklage zugriff und Kredite aufnahm.

Eine weitere Bedienung der hohen gräflichen Forderungen müsste dazu führen, dass die Stadt sich entweder höher verschuldet, ihre Einnahmen erhöht (= höhere Steuern und Abgaben) oder kommunale, z.T. freiwillige Leistungen wie Musikschule, Ausgaben für KiTas und Schulen oder Infrastrukturmaßnahmen zurückfährt.

Nun aber liest man unterschiedliche Vorschläge, wie die Stadt die Zahlungen leisten könne, ohne auf die obige Alternative zurückzugreifen.

A. Als Erstes wird der Kurbeitrag genannt.

Die Stadt hat den Kurbeitrag bereits auf ein recht hohes Niveau angehoben (von 2,60 auf 3,10 €/Tag). Selbst wenn dieser Betrag konsequent eingezogen würde, käme die Stadt nicht auf mehr als 1,4 Mio. €. Aber warum treibt denn die Stadt diesen Beitrag nicht konsequent ein, besonders auch nicht von den nicht-gräflichen Reha-Kliniken?

Dafür gibt es zwei Gründe: a) die Reha-Kliniken haben bereits gegen die von der Stadt erhobene Pauschale juristische Schritte eingeleitet. Bei hartem Durchsetzen des erhöhten Beitrags wäre ein noch schärferer Rechtsstreit zu erwarten.

b) Sie führen nicht ganz zu Unrecht an, dass viele Reha-Patienten gar nicht imstande sind, die Anlagen des Kurparks und andere touristische Angebote zu nutzen.

Im Übrigen wäre ein Bestehen auf der uneingeschränkten Abführung des Kurbeitrags nicht nur mit einem hohen Verwaltungsaufwand für alle Beteiligten verbunden, sondern auch ein Wettbewerbsnachteil für die Reha-Kliniken vor Ort, die im Übrigen bereits nicht unerhebliche Kurbeiträge an die Stadt abführen. So kann man davon ausgehen, dass beispielsweise die Klinik Berlin höhere Beiträge abführt als die gräfliche Marcus-Klinik.

Soll die Stadt ernsthaft Arbeitsplätze in den Reha-Kliniken gefährden? Vor allem, wenn, wie oben dargestellt, selbst die konsequente Eintreibung des Kurbeitrags die Forderungen des Grafen nicht decken würde?

B. Als Zweites wird die Kurortehilfe des Landes als mögliche Ressource angeführt.

Dazu muss man wissen, dass das Land mit diesen Zahlungen Kurorte bei der Bereitstellung und Aufrechterhaltung einer für Kurorte angemessenen Infrastruktur unterstützt. Es ist also nicht als Verfügungsmasse für einen einzelnen, wenn auch wichtigen Dienstleister gedacht. Was nützt es aber der Stadt und ihren Bürgern und Gästen, wenn zwar der gräfliche Park in einem Tipp-Topp-Zustand ist, aber die örtliche Infrastruktur des Ortes brach liegt?

 

C. Als Drittes wird die Schließung der Therme ins Spiel gebracht.

Abgesehen davon, dass die ÖDP die einzige Ratsfraktion ist, die von Anfang an vor einem dauerhaften Defizit durch die Therme gewarnt und deswegen schon ihrem Bau nicht zugestimmt hat: eine Abwicklung der Therme bedeutet keineswegs, dass man den „Laden“ einfach und ohne Kosten „dicht machen“ kann. Der entsprechende Haushaltsposten stünde also nicht für die Dienst-leistungspauschale zur Verfügung.

Nachdem klar ist, dass diese drei Finanzierungsvorschläge so nicht funktionieren, bleibt also nur die Begleichung der gräflichen Forderungen auf Kosten der Bürger. Und das wäre in einer Phase erforderlich, in der auch die städtischen Finanzen arg gebeutelt sind durch die Pandemie und ihre Folgen für Gewerbe und Tourismus!

 

2. Der Eigentümer des gräflichen Parks und seine Unternehmensgruppe (UGOS)

Nicht nur die Stadt, auch Herr von Oeynhausen-Sierstorpff hatte in einem Jahr wie dem vergangenen zu kämpfen: Rückgang der Touristenzahl, Lockdown...

Aber auch schon vorher war nicht alles zum Besten: viele Prozesse, nicht alle erfolgreich (Bilster Berg), Bilanzdefizite 2017 und 2018. Die neueren Zahlen sind noch nicht bekannt, aber es ist nicht wahrscheinlich, dass sie besser sind. Also wäre für den Graf die sichere Einnahme aus dem Dienstleistungsvertrag wichtig.

Er stellt sich und seine Familie als Wohltäter Bad Driburgs dar und verleiht - wie einige Gewerbe-treibende auch – dem Park den Status eines Alleinstellungsmerkmals für den Ort, ohne den Driburg kein Badeort mehr sei.

1. Die Rede von der Unterdeckung für Erhalt und Pflege des Gräfl. Parks und der Kureinrichtungen   ist (s. I. Die Stadt...) nicht nachvollziehbar. Sollte es sich aber tatsächlich so verhalten, dann müsste Herr von Oeynhausen-Sierstorpff doch für ein Angebot der Stadt, die Bewirtschaftung des GP zu übernehmen, offen sein oder vielleicht sogar für einen Verkauf der Gräflichen Park GmbH & Co. KG – mal ausgenommen das Hotel.

2. Was das Wort vom „Alleinstellungsmerkmal“ angeht, kann man feststellen, dass es in näherer Umgebung eine ganze Reihe attraktiver Parks gibt, so in Bad Lippspringe, in Paderborn-Neuhaus, bald auch in Höxter...

Bei weitem nicht alle Besucher und Touristen Bad Driburgs besuchen auch den Kurpark, schon gar nicht nur den GP. Bad Driburg hat mehr zu bieten: eine wunderschöne Natur ringsum, gute Wanderwege, die Iburg (die allerdings besser „ins Bild“ gesetzt werden müsste), ein schönes Freizeitbad, interessante Sehenswürdigkeiten auch in den Ortschaften … - um nur einige der Attraktionen zu nennen.

3. Und zu guter Letzt: selbst, wenn der GP für die Öffentlichkeit unzugänglich gemacht würde, stimmt es einfach nicht, dass deswegen Bad Driburg den Status als Bad verlöre.

 

III. Die Gewerbetreibenden

Vor wenigen Tagen meldeten sich einige Repräsentanten der Gewerbetreibenden in einem heimischen Tagesblatt zu Wort und sahen den Untergang Bad Driburgs nahen, wenn der Graf den GP schließt.

Im konkreten Fall handelte es sich um zwei Gastronomen und einen Apotheker.

Dass es die Gastronomie gegenwärtig schwer hat, mag niemand bestreiten. Bei den Apotheken dürfte es sich etwas anders verhalten.

1. Für die Gastronomie: viele Kurgäste in Driburg sind Reha-Patienten, die den Betrieb der Lokalitäten bestimmt nicht in erster Linie sichern, da diese in den Reha-Kliniken verpflegt werden.

2. Auch die Apotheken und die der Gesundheit gewidmeten Betriebe leben eher von den Bürgern der Stadt als von Kurgästen oder/und Reha-Patienten.

3. Ausgenommen davon sind natürlich die Reha-Kliniken. Für sie spielt der GP durchaus eine Rolle. Andererseits: wenn Kurbeiträge und städtische Gebühren steigen, die Infrastruktur der Stadt an Attraktivität verliert, ist es fraglich, ob das nicht schwerer wiegt als der GP.

4. Viele andere Gewerbebetriebe und der Einzelhandel leben eher von den Kunden, die in Driburg wohnen.

5. Als Vorschlag der Repräsentanten war zu lesen, man könne die Grundsteuer anheben und vielleicht - im Notfall - die Tourismus-Abgaben.

Wer bezahlt aber die Grundsteuern? Überwiegend die Bürger, die ihren Wohnsitz in Driburg haben.

Netter Vorschlag zur Problemlösung auf Kosten Anderer!

6. Die Attraktivität des Ortes hängt eben auch davon ab, welche Angebote für die Einwohner durch die städtische Infrastruktur vorgehalten werden, ob es gute Schulen und KiTas gibt, ob das Wohnumfeld angenehm ist, ob gute Einkaufsmöglichkeiten, Verkehrswege und Barrierefreiheit gewährleistet sind, welche kulturellen und Freizeit-Angebote vorhanden und wie hoch Grundstückspreise, Gebühren etc. sind. Muss die Stadt Gebühren und Steuern erhöhen oder kommunale Leistungen einschränken, dient das nicht der Anziehungskraft unserer Stadt.

 

IV. Die Besucher und Touristen

1. Als Erstes muss man sich ins Bewusstsein rufen, dass ein großer Teil der „Touristen“ in Bad Driburg Patienten der Reha-Kliniken sind. Sie halten sich nicht in erster Linie in unserer Stadt auf, um den GP zu besuchen.

Dass ohne den GP keine/kaum noch Touristen nach Driburg kämen, wäre also nur zutreffend, wenn auch die Reha-Kliniken schließen müssten (s.o. I.A, III.3), die Wandermöglichkeiten in und um Bad Driburg verschwänden und Umweltschäden eine naturnahe Erholung nicht mehr möglich machten.

2. Zum Begriff „Alleinstellungsmerkmal“ wurde oben (II.2) schon einiges gesagt. Ich erinnere auch daran, dass zur Rechtfertigung der Therme jahrelang von „Alleinstellungsmerkmal“ gesprochen wurde. Aber wir wissen, dass die Therme kaum Touristen in die Beherbergungsbetriebe der Stadt lockt, überwiegend von Einwohnern besucht wird und an chronischem Defizit leidet.

3. Es ist sicher, dass die Schließung des GP ein herber Verlust für die Anziehungskraft des Standorts wäre. Aber die Absperrungspolitik und die Folgen überhöhter Forderungen aus einem Dienstleistungsvertrag stellen ebenfalls ein nicht zu unterschätzendes Problem für unsere schöne Stadt Bad Driburg dar.

Martin Blumenthal

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