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Haushaltsrede 2011

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,

es ist an der Zeit sich die Problematik des Bad Driburger Haushalts einmal im Lichte größerer politischer Zusammenhänge deutlich zu machen. Der Bad Driburger Haushalt umfasst ungefähr 30 Millionen Euro. Ich habe hier eine Rundung vorgenommen um einfacher zu rechnen. Diese Summe, die für die laufenden Verwaltungskosten sprich Betriebskosten unserer Gemeinde aufgewendet wird, ist aber nur zu etwas mehr als 80 % von den Einnahmen gedeckt. Stellen wir uns mal eine vierköpfige Familie vor, die für ihren Lebensunterhalt jährlich 30 000 Euro benötigt, davon aber nur 25 000 Euro selbst aufbringen kann, der Rest muss über Schulden finanziert werden. Wenn die Familie zu dem Schluss kommt, dass sie nicht jedes Jahr 5000 Euro neue Schulden machen kann, für die sie natürlich auch noch Zinsen und Tilgungsleistungen an die Bank erbringen muss, dann wird sie sich überlegen, wie sie ihre Ausgaben senken oder ihre Einnahmen erhöhen kann.
Wenn wir uns hier in Bad Driburg als große Familie betrachten, die ihren Haushalt in Ausgaben und Einnahmen ausgeglichen haben möchte und sich dabei zunächst nur auf die Verringerung der Ausgaben konzentriert, dann heißt das ganz konkret: Wie können wir 4,5 Millionen Euro jährlich einsparen, das ist nämlich das Defizit in diesem Jahr bei der laufenden Verwaltungstätigkeit. Ungefähr die Hälfte der Ausgaben rangieren unter dem Titel Transferaufwendungen. Von denen ist der größte Teil gesetzlich festgeschrieben, er entzieht sich also völlig der Entscheidungsbefugnis der Bad Driburger Familie. Keine Gemeinde kann weniger Kreisumlage oder Gewerbesteuerumlage entrichten als dies vom Gesetzgeber gefordert ist. Auch die Krankenhausinvestitionspauschale in Höhe von 210 000 Euro, um nur ein konkretes Beispiel zu nennen, muss in dieser Höhe bezahlt werden. Nur ein geringer Teil der Transferaufwendungen unterliegt also der Entscheidungsbefugnis der Stadtverordneten. Es handelt sich hier um 2 360 000 Euro. In dieser Summe enthalten sind die vielen Zuschüsse an Sport- und Kulturvereine, aber auch Zuschüsse für den Tierschutzverein, die Betreuung in der offenen Ganztagsschule, den Jugendpflegefonds, Zuschüsse für die Revitalisierung vorhandener Bausubstanz und ein Fassadenprogramm, ein Zuschuss für das Bündnis für Familien usw. Die beiden großen Posten Therme und Touristik umfassen die Hälfte (ca. 1,15 Millionen Euro) dieser freiwilligen Leistungen. Zwar sind wir uns schon seit längerem bewusst, dass die Streichung der Verlustabdeckung bei der Therme hier politisch nicht durchsetzbar ist. Aber: Gesetzt den Fall, hier im Rat der Stadt würde sich eine Mehrheit finden all eben genannten Leistungen komplett zu streichen. Was würde passieren? Das, was eine Stadt lebenswert macht, Lebensqualität, sozialen Zusammenhalt und ehrenamtliches Engagement fördert, damit sollte Schluss sein? Niemand würde das verstehen und ein Proteststurm wäre zu Recht die Folge. Gleichzeitig müsste den Bürgern erklärt werden, dass trotz dieser massiven Kürzungen immer noch ein Defizit von mehr als 2 Millionen Euro verbleibt und dass der Rotstift an anderen Stellen im Haushalt weiter in Aktion treten müsste. Vielleicht bei den Personalkosten! Nach Meinung der ödp sind beim städtischen Personal keine Kostensenkungen möglich, wenn nicht gleichzeitig kommunale Aufgaben eingeschränkt werden. Das haben wir beim Winterdienst in diesem Jahr gemerkt, als sich Bürger über schleppende Räumung der Straßen und Bürgersteige beschwert haben. Hier Personal einzusparen würde den Unmut der Bürger noch weiter anfachen. Auch bei der Touristik sind keine Sparmöglichkeiten vorhanden, denn unsere Stadt braucht eine angemessene Außendarstellung und Vermarktung. Fazit meiner bisherigen Ausführungen: Ein Defizit von 4,5 Millionen Euro durch Einsparungen deutlich zu reduzieren ist schlicht nicht realisier- und vermittelbar.
Die Problematik bei den Einnahmen ist ähnlich wie bei den Ausgaben. Ungefähr zwei Drittel der Einnahmen sind Zuwendungen (Kurortehilfe, Schlüsselzuweisungen), Kostenerstattungen, Konzessionsabgaben, Umlagen und Abgaben (Einkommens- und Umsatzsteueranteil), die nicht der Entscheidungsbefugnis der politischen Gremien der Stadt unterliegen, sich also nicht steuern lassen. Hier ist immer nur das Prinzip Hoffnung angesagt. Hoffentlich werden uns im kommenden Jahr nicht die Zuwendungen gekürzt, welche auch immer!!! Die Einnahmeseite lässt sich nur bei den Gemeindesteuern sowie bei privaten und öffentlich-rechtlichen Leistungsentgelten verbessern. Also nur bei einem Drittel der städtischen Einnahmen sind Steuerungsmöglichkeiten vorhanden. Am 14. Januar 2011 war in der Neuen Westfälischen ein Interview mit dem Rechtsprofessor Janbernd Oebbecke von der Universität Münster zu lesen. Forderung des Spezialisten für Kommunalrecht: Verdoppeln wir doch die Grundsteuer. In Bad Driburg sind wir bei der Grundsteuer B zurzeit bei einem Hebesatz von 381 v. H., zum Vergleich: Oberhausen ist bei der Grundsteuer B schon bei 530 v. H. Eine Verdoppelung wäre für Bad Driburg eine Mehreinnahme von 2,4 Millionen Euro. Natürlich wären von solch einer Steuererhöhung nicht nur Grundstücks- und Hausbesitzer betroffen, sondern letztlich alle Bürger, da natürlich dann die Hausbesitzer die Steuererhöhung an die Mieter weitergeben würden. Freude würde bei den Bürgern unserer Stadt da mit Sicherheit nicht aufkommen. Folgendes gilt es in diesem Zusammenhang immer zu bedenken: Da die Kommunen in Deutschland bei den Gemeindesteuern und Abgaben durchaus im Wettbewerb miteinander stehen, ist hier eine massive Erhöhung problematisch. Nicht nur als Wirtschaftsstandort, sondern auch als Wohnort und Lebensmittelpunkt würde Bad Driburg dadurch unattraktiv.
Leistungsentgelte zu erhöhen würde die sozialen Gegensätze, die seit der Agenda 2010 und den Hartz IV Reformen durch Rot/Grün entstanden sind und die von Schwarz-Gelb nicht korrigiert wurden, noch weiter verschärfen. Es wäre schon schlimm, wenn Kinder nicht mehr das Freibad besuchen könnten, weil ihre Eltern den verdoppelten Eintrittspreis nicht mehr bezahlen könnten. Wenn Bad Driburg sich nicht am eigenen Schopf aus dem Defizitsumpf befreien kann, weder durch massive Ausgabensenkung noch durch massive Einnahmenerhöhung, könnte dann nicht vielleicht das Land zur Haushaltsanierung unserer Stadt einen Beitrag leisten? Leider haben wir kurz vor Weihnachten erlebt, dass wir von dieser Seite nichts zu erwarten haben, im Gegenteil, die Schlüsselzuweisungen für 2011 wurden, entgegen den Erwartungen, gekürzt, was zum riesigen Haushaltsdefizit von 4,5 Millionen Euro durchaus beigetragen hat. Wegen der erhöhten Steuerkraft unserer Stadt im Landesvergleich war jedoch mit einem deutlichen Rückgang der Schlüsselzuweisungen zu rechnen. Das ist der Löwenteil bei den Ausfällen. Ein Teil der verminderten Schlüsselzuweisungen für Bad Driburg ist jedoch auf die Umverteilung der finanziellen Mittel hin zu den Großstädten zurückzuführen. Wenn man sich die Situation mancher Großstädte in NRW vor Augen führt, dann hat man schon das Gefühl, dass hier bald was passieren muss. Die kreisfreie Stadt Oberhausen hat eine Pro-Kopf-Verschuldung von ca. 8000 Euro, Bad Driburg dagegen nur 460 Euro, das Defizit der Stadt Oberhausen (214 000 Einwohner) bei der laufenden Verwaltungstätigkeit beträgt schon seit Jahren über 100 Millionen Euro im Gegensatz zu 4,5 Millionen Euro in Bad Driburg in 2011. Das Land NRW, das selbst Schulden von 130 Milliarden hat, kann nicht durch noch mehr Schulden die Kommunen des Landes vor der endgültigen Pleite retten, das ist, wie wir gesehen haben schon verfassungsrechtlich nicht möglich. Da ist die Umverteilung von den eher noch – Ich betone noch! - handlungsfähigen Kommunen wie Bad Driburg zu den wirklich armen, nicht mehr handlungsfähigen wie Oberhausen eine Verzweiflungstat, die natürlich nicht jedes Jahr wiederholt werden kann, ohne auch die finanziell noch halbwegs gesunden Kommunen in den Ruin zu treiben. Das Land Nordrhein-Westfalen, ob mit CDU/FDP oder SPD/GRÜNEN-Regierung, kann das Schuldenproblem der Kommunen nicht lösen. Was jetzt von Rot/Grün in Düsseldorf gemacht wird, ist nur eine Problemverlagerung, die letztlich keinem weiterhilft.
Seit dem 24. Februar 2010 gibt es mit Kabinettsbeschluss der Bundesregierung eine Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen, wo auch die kommunalen Spitzenverbände vertreten sind. Diese Kommission hat bisher ergebnislos getagt. Man sollte sich hier auch keinen Illusionen hingeben. Was in dieser Kommission stattfindet ist ein knallharter Verteilungskampf zwischen den staatlichen Ebenen und dabei haben die Kommunen eben schlechte Karten. Es ist nicht erkennbar, dass die höchste Ebene, der Bund, zu Zugeständnissen bereit ist. Stattdessen hört man, wenn gerade mal wieder eine Wahl ansteht, dass man doch noch Spielraum für Steuersenkungen sehe. Meistens kommen die Vorschläge von der FDP, aber auch die CDU hält sich da nicht zurück. Dabei geht es dann um die Einkommenssteuer, an deren Aufkommen die Kommunen, wie wir wissen, beteiligt sind. Wenn die Kommunen dann infolge dieser Steuersenkungen weniger Einnahmen haben, dürfen sie ihre Kommunalsteuern erhöhen. Das Ganze ist ein Nullsummenspiel.
Für die Kommunen ist kein Geld da, gleichzeitig wird aber beschlossen für den Euro-Rettungsfonds 22,7 Milliarden Euro bis 2013 zur Verfügung zu stellen, nicht in Form von Bürgschaften wie bisher, sondern cash. Damit sollen dann Länder wie Griechenland, Irland, Portugal und vielleicht auch bald Spanien vor dem finanziellen Kollaps gerettet werden, um die Stabilität des Euro nicht zu gefährden. Frau Merkel bezeichnet diesen finanziellen Beitrag Deutschlands als alternativlos. Was wäre, wenn jemand einen Rettungsfonds in gleicher Höhe für Not leidende Kommunen fordern würde. Meine Damen und Herren von CDU, SPD, FDP und den Grünen hier im Rat der Stadt Bad Driburg, die Sie alle im Bundestag mit ihren Parteien vertreten sind, könnten Sie sich einen solchen Rettungsfonds für die Kommunen nicht vorstellen und sich für dessen Realisierung einsetzen? Nur einseitige Schuldzuweisungen bringen uns nicht weiter! Nach nun 20 Jahren deutscher Einheit müsste nun auch endlich überlegt werden, ob es noch Sinn macht, dass hoch verschuldete Kommunen im Westen Deutschlands, deren Infrastruktur zum Teufel geht, weiterhin ihre Beiträge in den Fonds der Deutschen Einheit über Kredite finanzieren. Hier muss doch endlich gehandelt werden. Es ist einfach schlechte Politik, wenn man aus Angst vor Stimmenverlusten bei Wahlen in den neuen Bundesländern solche Positionen nicht vertritt. Geht es nur noch um Machterhalt und überhaupt nicht mehr um richtige politische Lösungen???
Die Meinung der ödp-Fraktion zum Haushalt 2011 ist, dass hier vor Ort von allen Beteiligten, Bürgermeister, Kämmerer, Verwaltung und allen Fraktionen des Stadtrates, eine Konsolidierung der Gemeindefinanzen beständig weiterverfolgt wurde, alle haben sich bei kostenintensiven Ausgaben in Zurückhaltung geübt. Wir haben im Haushalt nichts gefunden, wo Geld zum Fenster rausgeschmissen wird. Wir sollten jetzt gemeinsam als Bürger und nicht so sehr als Parteipolitiker unserer Stadt Druck auf diejenigen ausüben, die für die Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen der Kommunen in der Verantwortung stehen. Die ödp-Fraktion stimmt dem Haushalt 2011 zu.
Wir danken dem Kämmerer und seinen Mitarbeitern für die geleistete Arbeit.
Ihnen, meine Damen und Herren, danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.